Weitere Hilfsangebote bei häuslicher Gewalt

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen

Das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen steht Ihnen an allen Tagen rund um die Uhr für eine Beratung zur Verfügung. Sie können sich in vielen Sprachen beraten lassen. Das Hilfetelefon bietet auch E-Mail- und Chat-Beratung an.

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 116 016, www.hilfetelefon.de

Polizeiliche Krisenintervention und polizeilicher Wohnungsverweis

Wenn Sie unmittelbar Gewalt erfahren haben oder in unmittelbarer Gefahr sind vor einem gewalttätigen Übergriff Ihres Partners, können Sie über den Notruf 110 die Polizei rufen.

Häusliche Gewalt ist keine Privatsache sondern eine Straftat (Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, Stalking, Freiheitsberaubung, Sexualdelikte). Rechtfertigungen wie Alkohol, Stress, Provokation sind keine Entschuldigung. Vielmehr unterstreichen sie die Wiederholungsgefahr. Die Verantwortung für die Gewalt liegt immer bei der Person, die sie ausübt.

Wenn Sie die Polizei rufen, teilen Sie mit

  • ob Sie im Moment akut gefährdet sind (wo ist der Täter?)
  • durch wen und womit Sie verletzt wurden.

Wenn die Polizei zu Ihnen nach Hause kommt, achten Sie darauf, dass Sie getrennt vom Gewalttäter befragt werden. Dann können Sie der Polizei ausführlich schildern, was vorgefallen ist. Berichten Sie auch über nicht sichtbare Verletzungen und über frühere Übergriffe.

Sie können mit Ihren Kindern unter dem Schutz der Polizei auch die Wohnung verlassen und sich in Sicherheit bringen, z. B. im Frauenhaus.

Sie können sich auch zum Arzt oder in ein Krankenhaus bringen lassen, um Spuren der Gewalttat dokumentieren zu lassen.

Polizeilicher Wohnungsverweis

Nach einem gewalttätigen Übergriff kann die Polizei auch einen polizeilichen Wohnungsverweis gegenüber der gewalttätigen Person anordnen.

Voraussetzung dafür sind konkrete ernstzunehmende Drohungen oder bereits geschehene Taten, die Leib und Leben, Gesundheit und Freiheit oder das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung einer anderen in der Wohnung lebenden Person weiterhin erheblich gefährden und die akute Gefahr auf andere Weise nicht beseitigt werden kann. Beleidigungen zählen nicht dazu.

Die gewalttätige Person muss dann

  • auf Anordnung der Polizei die gemeinsam mit dem Opfer bewohnte Wohnung und den unmittelbar angrenzenden Bereich verlassen
  • und sich für einen bestimmten Zeitraum von der Wohnung fern halten (längstens 4 Tage).
  • Auch kann die Polizei die Hausschlüssel beschlagnahmen und/oder die Person in Gewahrsam nehmen.
  • Ergänzend kann die Polizei auch ein Rückkehr- und Annäherungsverbot aussprechen. Das Annäherungsverbot gilt z. B. für die Umgebung (Arbeitsplatz, Kindergarten, Schule).

Die Polizei informiert das Opfer und die gewalttätige Person über ihre Rechte. Beide erhalten von der Polizei Informationsblätter zur Hilfestellung und weiteren Vorgehensweise.

Die Polizei informiert nach einem Wohnungsverweis das Ordnungsamt/Amt für öffentliche Ordnung der Stadt oder der jeweiligen Gemeinde. Wenn Kinder in der Familie sind, wird auch das Jugendamt informiert.

Rechtsgrundlage:

§ 30 Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG) (Platzverweis, Aufenthaltsverbot, Wohnungsverweis, Rückkehrverbot, Annäherungsverbot)

Verlängerung des Wohnungsverweises durch das Ordnungsamt:

Auf der Grundlage des Polizeiberichts, der erstellten Gefahrenprognose und Gesprächen mit den Betroffenen entscheidet das Ordnungsamt über die Aufrechterhaltung, Verlängerung oder Aufhebung des Wohnungsverweises. Es informiert die Beteiligten über Rechtsgrundlagen und Beratungsangebote.

In der Regel wird der Wohnungsverweis für zwei Wochen ausgesprochen. In dieser Zeit darf die Tatperson die Wohnung und die anderen festgelegten Bereiche nicht betreten.

Stadt und Landkreis bieten Beratungsangebote zum Wohnungsverweis, die die Beteiligten in der akuten Krisensituation unterstützen können. Auch die Beratungsstelle Frauenzentrum – Beratung und Information für Frauen bietet Hilfe in der akuten Krisensituation an.

Ich brauche einen Termin zur Beratung

Um dauerhaft die Wohnung alleine mit den Kindern nutzen zu können, kann die von Gewalt Betroffene beim Familiengericht einen Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz stellen. Diesen Antrag sollte die Betroffene am besten vor Ablauf der vom Ordnungsamt festgesetzten 2-Wochen-Frist des Wohnungsverweises stellen. Aufgrund dieses Antrags kann das Ordnungsamt den Wohnungsverweis weitere 2 Wochen verlängern bzw. in der Regel bis zur Entscheidung des Familiengerichts über den Gewaltschutzantrag.

Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz beim Familiengericht stellen

Seit dem 01.01.2002 gibt es in Deutschland das Gewaltschutzgesetz. Mit diesem Gesetz werden die Rechte und Schutzmöglichkeiten der Opfer häuslicher Gewalt gestärkt und die Täter zur Verantwortung gezogen. Opfer häuslicher Gewalt können einen Gewaltschutzantrag beim zuständigen Amtsgericht/Familiengericht stellen. Das Gericht kann Anordnungen zum Schutz des Opfers bestimmen.

Gerichtliche Schutzanordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz sind

  • das Betretungsverbot der gemeinsamen Wohnung für den Täter (das heißt, dass Ihrem gewalttätigen Partner unter Androhung von Strafen verboten wird, die (Ehe-)Wohnung, in der Sie sich aufhalten, zu betreten und dort zu wohnen),
  • die Bannmeile um die Wohnung (das heißt, dass das Gericht Ihrem gewalttätigen Partner verbietet, sich Ihnen oder Ihrer Wohnung bis auf einen bestimmten Umkreis (beispielsweise 100 Meter) zu nähern),
  • Kontakt- und Näherungsverbote (zum einen ein Verbot, zu Ihnen Kontakt über Telefon, Brief, E-Mail, SMS und/oder soziale Netzwerke aufzunehmen, zum anderen ein Verbot, Orte aufzusuchen, an denen Sie sich regelmäßig aufhalten wie z. B. Ihre Arbeitsstelle, den Kindergarten usw.),
  • die vorläufige Zuweisung der gemeinsam genutzten Wohnung an das Opfer, in der Regel für 6 Monate.

Antragstellung

Zivilrechtliche Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz können direkt bei den Rechtsantragsstellen der zuständigen Amtsgerichte beantragt werden. Selbstverständlich können Anträge nach dem Gewaltschutzgesetz auch über eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt gestellt werden.

Auch unsere Beratungsstelle Frauenzentrum – Beratung und Information für Frauen kann mit Ihnen einen Gewaltschutzantrag stellen.

Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag können sein

  • ein Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt und ein polizeilicher Wohnungsverweis
  • wiederholte Polizeieinsätze wegen häuslicher Gewalt
  • ärztliche Atteste über Verletzungen durch Gewalteinwirkung
  • Aussagen von Zeugen
  • Gewalt gegen Kinder

Zuständige Familiengerichte im Landkreis Reutlingen:

Amtsgericht Reutlingen
Gartenstraße 40
72764 Reutlingen
Tel. 07121 – 940 0

Amtsgericht Münsingen
Schloßhof 3
72525 Münsingen
Telefon 07381 – 183 870

Amtsgericht Bad Urach
Beim Schloß 1
72574 Bad Urach
Telefon 07125 – 94 370

Download: Gewaltschutzantrag

Ein Verstoß gegen die Gewaltschutzanordnung ist strafbar!

Verstößt der Täter gegen eine gerichtliche Schutzanordnung, d. h. kommt er z. B. trotz Zuweisung der Wohnung an das Opfer dort vorbei oder belästigt das Opfer mit ständigen Telefonanrufen oder Nachrichten, macht er sich strafbar.

Das Opfer sollte dann erneut die Polizei rufen und Anzeige erstatten. Das Gericht kann den Täter, der gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz zuwiderhandelt mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestrafen.

Strafantrag bei der Polizei stellen

Häusliche Gewalt ist eine Menschenrechtsverletzung. Sie haben das Recht, sich dagegen zu wehren!

Oftmals handelt es sich um schwere Straftaten wie Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsberaubung oder Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Diese Straftatbestände können bei der Polizei angezeigt werden. Die Polizei ist verpflichtet, Anzeigen entgegen zu nehmen.

Eine Strafanzeige kann direkt bei der örtlichen Polizeibehörde oder über eine Rechtsanwält*in gestellt werden. Die Polizei nimmt dazu Ihre Personalien auf. Bei der Anzeige berichten Sie, was Ihnen geschehen ist. Berichten Sie auch von früheren Gewalttaten und Bedrohungen durch Ihren Ehemann/Partner. Teilen Sie mit, wenn Sie Angst vor weiterer Gewalt haben. Nennen Sie alle Personen, die vom Tatgeschehen etwas gehört oder gesehen haben. Schreiben Sie ein Gedächtnisprotokoll, das Ihnen bei einer späteren Gerichtsverhandlung helfen kann.

Damit eine Strafverfolgung Aussicht auf Erfolg hat, sind Beweise wie z. B. ein vorangegangener Wohnungsverweis durch die Polizei, ärztliche Atteste oder Zeugen der Tat notwendig.

Die Polizei übergibt die Strafanzeige/den Strafantrag und die weiteren Unterlagen an die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt und ob die Indizien und Beweise ausreichen, um Anklage bei Gericht zu erheben. Kommt es zu einer Hauptverhandlung vor Gericht, so muss sich das Gericht in der Hauptverhandlung ein eigenes Bild von der Schuld des Angeklagten machen. Sofern das Gericht zur Verhandlung lädt, wird das Opfer als Zeugin befragt.

Grundsätzlich sind Opfer zur Aussage vor der Staatsanwaltschaft und dem Gericht verpflichtet. Wenn das Opfer jedoch mit dem Täter verwandt, verlobt oder verheiratet ist oder mit ihm in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, steht dem Opfer ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. In vielen Verfahren reichen jedoch ohne die Zeugenaussage des Opfers die Beweismittel für eine Verurteilung nicht aus. Das kann dazu führen, dass das Verfahren möglicherweise eingestellt bzw. der Angeklagte freigesprochen wird.

Gefährderansprache durch die Polizei

Nach dem Polizeigesetz hat die Polizei die Möglichkeit, eine Person anzusprechen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person in einem überschaubaren Zeitraum die öffentliche Sicherheit stören wird oder eine Straftat begehen wird. Die Polizei kann diese Person über die geltende Rechtslage informieren und ihr mitteilen, welche Maßnahmen die Polizei im Fall einer bevorstehenden oder erfolgten Störung oder Straftat ergreifen wird (Gefährderansprache).

So kann die Polizei z. B. nach einem Wohnungsverweis wegen häuslicher Gewalt, die gewaltausübende Person aufsuchen und sie darüber informieren, welche Maßnahmen drohen, wenn sie sich nicht an die Vorschriften den Wohnungsverweises hält.

Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine Person in einem überschaubaren Zeitraum eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, die sich gegen Leib, Leben, Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung richtet, kann die Polizei andere Personen hierüber informieren, sofern diese als Opfer der drohenden Straftat in Betracht kommen oder deren Kenntnis von der drohenden Straftat aus anderen Gründen unbedingt erforderlich ist (Gefährdetenansprache).

Zuweisung der Ehewohnung nach dem BGB

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind in Deutschland systematisch alle zentralen Regelungen des Privatrechts aufgeführt, so auch alle Rechtsverhältnisse in Ehe, Partnerschaft und Familie. Hierzu gehören auch die Rechtsverhältnisse bei Trennung und Scheidung sowie die rechtlichen Regelungen zur elterlichen Sorge.

Die Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehegatten zur alleinigen Nutzung ist – unabhängig vom Gewaltschutzgesetz – für die Trennungszeit in § 1361b BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Zur Ehewohnung gehören auch die ggfs. dazugehörenden Kellerräume und die Garage. Sowohl die Ehepartnerin als auch der Ehepartner haben das Recht, die Zuweisung der Ehewohnung an sich zu verlangen. Voraussetzung für die Zuweisung der Ehewohnung ist die Vermeidung einer unbilligen Härte. Als „unbillige Härte“ gilt, wenn sich ehezerstörerische Vorkommnisse häufen, die über die regelmäßig im Rahmen einer zerrütteten Ehe stattfindenden Streitereien und Ärgernisse hinausgehen.

Beispiele für eine unbillige Härte sind:

  • Es gab gewalttätige Übergriffe gegenüber der Ehefrau.
  • Es herrscht zwischen den Eheleuten ein „Klima der Gewalt“. Die Bedürfnisse der Kinder an eine geordnete, ruhige und möglichst entspannte Familiensituation haben in dieser Situation Vorrang vor dem Interesse des Ehemannes an dem Verbleib in der Wohnung.
  • Die neue Lebensgefährtin des Ehemannes hält sich wiederholt und auch über Nacht in der Ehewohnung auf trotz einer beengten Wohnsituation.
  • Das Wohl von den im Haushalt lebenden Kindern ist durch das gemeinsame Aufhalten beider Eheleute in der Wohnung beeinträchtigt.

Für das Gericht ist es von großer Bedeutung, ob Kinder mit in der Ehewohnung leben, weil die Zuweisung der Wohnung erhebliche Auswirkungen auf das Wohl der betroffenen Kinder haben kann. Das Gericht nimmt in diesen Fällen Kontakt zum Jugendamt auf, um vom Jugendamt eine Stellungnahme zu erhalten.

Für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung kann die Zuweisung der Ehewohnung entsprechend § 1568a BGB endgültig geregelt werden.

Schmerzensgeld und Schadensersatz

Opfer von Gewalt haben nach § 823 BGB des Recht, von der gewaltausübenden Person Schmerzensgeld zu verlangen, wenn eine Verletzung des Körpers, der Freiheit, der Gesundheit sowie der sexuellen Selbstbestimmung gegeben ist. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Art und Schwere der erlittenen Verletzungen. Es ist deshalb dringend nötig, dass ein/e Ärzt*in über alle Verletzungen und körperlichen und psychischen Schäden als Folgen der Gewalt ein Attest ausstellt, damit die Verletzungen später vor Gericht nachgewiesen werden können. Zudem sollten Sie die Belege einer Heilbehandlung, die die Krankenkasse nicht übernommen hat, vorlegen können. Es ist ratsam, hier eine Rechtsanwältin hinzuzuziehen.

Sie haben als Opfer auch das Recht, Schadensersatz von der Gewalt ausübenden Person zu fordern wegen der Zerstörung oder Entziehung Ihres Eigentums. Für ein Verfahren vor Gericht benötigen Sie eine genaue Auflistung der zerstörten oder weggenommenen Gegenstände, möglicherweise auch Rechnungen als Nachweise.

Das Soziale Entschädigungsrecht

In der nachfolgenden Broschüre erhalten Sie Informationen zur sozialen Entschädigung wenn Sie Opfer einer Gewalttat geworden sind.

Broschüre „Hilfe für Opfer von Gewalttaten“

Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt bei Anmeldung oder Ummeldung

Um sich vor weiterer Belästigung und Stalking zu schützen, können Sie bei einem Umzug in eine neue Wohnung bei der Anmeldung auf dem Einwohnermeldeamt/ Bürgeramt eine Auskunftssperre beantragen.

Eine Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt hat zur Folge, dass Ihre Adresse nicht an Privatpersonen herausgegeben werden darf. Zudem werden Sie darüber informiert, wenn jemand versucht hat, Ihre Adresse herauszufinden.

Die Auskunftssperre gilt nicht für Behörden, Gericht und Krankenkassen.